Die Gliedertaxe: So viel ist dein Fuß wert!
Die Gliedertaxe ist bei einer Unfallversicherung besonders wichtig. Sie bestimmt nämlich, wie stark du nach einem Unfall körperlich beeinträchtigt bist und wie viel Geld du von der Versicherung erhältst. Doch welche Körperteile sind für den Versicherer besonders teuer? Wie hoch ist die Gliedertaxe von einem Finger oder einem Fuß? Das liest du hier!
Das musst du wissen:
- In den Bedingungen einer Unfallversicherung sind für die meisten Körperteile Gliedertaxen in Prozent festgelegt.
- Die Gliedertaxen bestimmen, wie stark dein Körper insgesamt beeinträchtigt ist, wenn einzelne Gliedmaßen nicht mehr richtig funktionieren. Davon hängt ab, wie viel Geld du nach einem Unfall bekommst.
- Teurere Premium-Versicherungen ordnen den Körperteilen oft höhere Gliedertaxen zu. Dadurch erhältst du bei einem Unfall mehr Geld.
Was ist die Gliedertaxe?
Eine private Unfallversicherung zahlt dir dann Geld aus, wenn du dir bei einem Unfall Verletzungen zugezogen hast und deshalb dauerhaft körperlich beeinträchtigt bist. Bei den meisten Versicherungen ist dies ab drei Jahren der Fall, was dein Arzt mit einem Gutachten bestätigen muss. Die finanzielle Leistung deiner Versicherung ist umso höher, je stärker dein Körper beeinträchtigt ist. Und das kannst du genau berechnen – mit Hilfe der Gliedertaxe, die vielen Körperteilen zugeordnet ist.
Höhe der Gliedertaxe für bestimmte Körperteile
Als eine Orientierung, wie stark verschiedene Gliedmaßen die Invalidität beeinflussen, zeigen wir dir hier einen Auszug aus den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) 2014 vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV). Beachte jedoch, dass dies nur Empfehlungen sind, von denen die einzelnen Versicherungen abweichen können. Welche Gliedertaxe bei deiner Versicherung gilt, entnimmst du den allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Die Gliedertaxe entspricht bei vielen Versicherungen jedoch den folgenden Empfehlungen, sofern es sich um die günstigen Basisprodukte handelt.
Übliche Gliedertaxen für verschiedene Körperteile
Arm | 70% | Fuß | 40% |
---|---|---|---|
Bein bis über Mitte Oberschenkel | 70% | Gehör auf einem Ohr | 30% |
Arm bis oberhalb Ellenbogen | 65% | Daumen | 20% |
Arm unterrhalb Ellenbogen | 60% | Geruchssinn | 10% |
Bein bis Mitte Oberschenkel | 60% | Zeigefinger | 10% |
Hand | 55% | große Zehe | 5% |
Bein bis unterhalb Knie | 50% | Geschmackssinn | 5% |
Auge | 50% | anderer Finger | 5% |
Bein bis Mitte Unterschenkel | 45% | andere Zehe | 2% |
*Quelle: Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen 2014 des GDV (2.1.2.2.1)
Wie die Gliedertaxe die Zahlung der Versicherung bestimmt
So kannst du mit der Gliedertaxe ermitteln, was dir die Versicherung nach einem Unfall zahlt:
- Unfallversicherungen ordnen den meisten Körperteilen Prozentwerte zu. Dabei hat dein Arm bis unterhalb des Ellenbogens beispielsweise eine Gliedertaxe von 60 Prozent.
- Stellt dein Arzt fest, dass du deinen rechten Arm nach einem Unfall unterhalb des Ellenbogens nur noch zur Hälfte bewegen kannst, wird die Gliedertaxe von 60 Prozent halbiert. Anhand der Gliedertaxe in der Tabelle und dem Gutachten deines Arztes ergibt sich also eine Einschränkung von insgesamt 30 Prozent.
- Wenn du bei dem Unfall auch noch den linken Zeigefinger ganz verloren hast, zählst du dessen volle Gliedertaxe von 10 Prozent mit den 30 Prozent deines rechten Armes zusammen. Demnach ergibt die Funktionsunfähigkeit einen gesamten Invaliditätsgrad von 40 Prozent.
- Wie viel Geld erhältst du bei einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent? Das hängt davon ab, welche Versicherungssumme (auch Grundsumme genannt) du im Versicherungsvertrag vereinbart hast. Diese wird nämlich mit dem Invaliditätsgrad multipliziert, um die Invaliditätsleistung zu erhalten, die du im Unglücksfall tatsächlich ausgezahlt bekommst. Bei einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent und einer Versicherungssumme von 150.000 Euro würdest du also 60.000 Euro von der Versicherung erhalten.
Wenn du einen Vertrag für die Unfallversicherung abschließt, kannst du auch eine Progression vereinbaren. Hast du nach einem Unfall einen hohen Invaliditätsgrad, so erhältst du nicht nur einen (großen) Teil, sondern ein Vielfaches deiner Versicherungssumme. Solche Verträge bringen jedoch höhere Kosten mit sich als Versicherungen ohne Progression.
Wie wird die Invalidität für andere Körperteile ermittelt?
Du siehst in der Tabelle jedoch auch, dass nicht jedem Körperteil ein Prozentsatz zugeordnet ist. So gibt es keine eigene Gliedertaxe für Bewegungseinschränkung der Schulter und auch keine Gliedertaxe für die Wirbelsäule, obwohl Verletzungen an diesen Stellen dich stark einschränken können. Wie in solchen Fällen zu verfahren ist, steht in den AUB von 2014 im Abschnitt 2.1.2.2.2:
Bemessung außerhalb der Gliedertaxe
Für andere Körperteile oder Sinnesorgane richtet sich der Invaliditätsgrad danach, in welchem Umfang die normale körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit insgesamt dauerhaft beeinträchtigt ist. Maßstab ist eine durchschnittliche Person gleichen Alters und Geschlechts. Die Bemessung erfolgt ausschließlich nach medizinischen Gesichtspunkten.
Du siehst: Auch wenn es für deine Unfallverletzung keine konkrete Gliedertaxe gibt, wird dennoch einen Prozentsatz ermittelt, der deine Invalidität ausdrückt. Du gehst also auch in diesem Fall nicht leer aus, auch wenn der Spielraum bei der Bestimmung des Invaliditätsgrades hier größer ist. Ein häufiger Streitpunkt waren bisher Verletzungen der Schulter. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied jedoch am 1. April 2015 in einem Urteil (IV ZR 104/13), dass bei dauerhaften Schulterverletzungen nicht die Gliedertaxe des Armes herangezogen werden kann, sondern ein eigener Invaliditätsgrad bestimmt werden soll, wenn in den Versicherungsbedingungen nicht explizit eine Gliedertaxe für die Schulter erwähnt ist.
Verbesserte Gliedertaxe
Premium-Produkte der Unfallversicherung haben häufig höhere, verbesserte Gliedertaxen als die Basisversicherungen, welche sich an den Empfehlungen der AUB orientieren. Wenn ein Kunde der “Primus Plus”-Unfallversicherung der Swiss Life nach einem Unfall sein Bein bis zur Mitte des Oberschenkels gar nicht mehr bewegen kann, hat er dank verbesserter Gliedertaxe einen Invaliditätsgrad von 75 Prozent. Die Kunden des Basisproduktes “Primus” können hingegen nur eine Invalidität von 65 Prozent ihrer Versicherungssumme geltend machen. Du siehst, dass die Gliedertaxen bei der Swiss Life – aber auch bei manchen anderen Versicherungen – bereits beim Basisprodukt über den Empfehlungen der AUB liegen.
Ob so eine gehobene Unfallversicherung sinnvoll ist für dich, musst du selbst entscheiden. Je nach Beruf empfiehlt sich für dich eventuell auch eine spezielle Versicherung, die bestimmten Gliedmaßen höhere Taxen zuordnet als anderen. Für einen Chirurgen beispielsweise ist eine Gliedertaxe besonders günstig, bei der die Hände mit einem hohen Prozentsatz eingestuft sind.
Häufige Fragen
-
Was ist eine Gliedertaxe?
Bei einer Unfallversicherung bestimmt die Gliedertaxe deinen Invaliditätsgrad, von dem wiederum abhängt, wie viel Geld du von der Versicherung erhältst, wenn dein Körper nach einem Unfall dauerhaft beeinträchtigt ist. Ist ein Körperteil von dir vollständig eingeschränkt, entspricht dessen Gliedertaxe (von der Unfallversicherung festgelegt) deinem Invaliditätsgrad. Sind mehrere Körperteile vollständig eingeschränkt, werden deren Gliedertaxen zum Invaliditätsgrad zusammengezählt. Funktioniert ein Körperteil nur eingeschränkt, so fließt nur ein Teil von seiner Gliedertaxe in den Invaliditätsgrad ein. Für manche Gliedmaßen gibt es jedoch keine Gliedertaxe von der Unfallversicherung, wenn keine Gliedertaxe in der Tabelle zu finden ist. -
Was bedeutet verbesserte Gliedertaxe?
Entscheidest du dich für ein Premium-Produkt der Unfallversicherung, so hat jeder Körperteil eine höhere Gliedertaxe. Die private Unfallversicherung zahlt dir dann bei einem totalen Verlust der Hand beispielsweise 70 statt der üblichen 55 Prozent der Versicherungssumme aus, wenn sie die Gliedertaxe der Hand entsprechend hoch ansetzt. Ist dein Bein beeinträchtigt, kann die Gliedertaxe bis unters Knie 70 statt 50 Prozent betragen. -
Wie wird die Gliedertaxe berechnet?
Eigentlich wird die Gliedertaxe nicht berechnet. Vielmehr legt die private Unfallversicherung eine Gliedertaxe für die meisten Körperteile fest, welche du in den allgemeinen Versicherungsbedingungen nachlesen kannst. Mit den Prozentsätzen der einzelnen Gliedmaßen kannst du ausrechnen, wie hoch dein Invaliditätsgrad nach einem Unfall ist und wie viel Geld du von deinem Versicherer bekommst. -
Wie finde ich eine geeignete Unfallversicherung?
Suchst du einen geeigneten Anbieter für einen Unfallschutz, kannst du einen Preisvergleich von Produkten der Allianz, Swiss Life oder anderer Anbieter zurate ziehen, beispielsweise von der Zeitschrift Finanztest der Stiftung Warentest. Bevor du dich für ein Angebot entscheidest, solltest du jedoch bei Körperteilen, die dir besonders wichtig sind, die Gliedertaxe der Anbieter vergleichen. Die beste Gliedertaxe für dich ist die, welche den Körperteilen, die für dich besonders wichtig sind, hohe Gliedertaxen zuordnet. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung bietet dir jedoch einen breiteren Schutz als eine Unfallversicherung.
Ich hatte am 19 Dezember 2017 ein Arbeitsunfall,mir wird am Donnerstag das linke bein amputiert,und nun wiie geht es weiter ist meine Frage.
Ich weiss die BG übernimmt ziemlich viel .
Verliere ich viel Geld von meinen Lohn .
Bekomme ist ne Abfindung
LG Jean
Hallo Jean,
was du von der Berufsgenossenschaft genau bekommst, lässt sich nicht allgemein sagen. Am besten erkundigst du dich direkt dort. Eine Abfindung von deinem Arbeitgeber ist auch möglich. Im Zweifel kannst du dich von einem Anwalt beraten lassen, welche Arten von Zahlungen du in deinem Fall kriegen kannst.
Viele Grüße,
Wolfdietrich
Guten Tag,
ich hatte letztes Jahr einen Sport Unfall und habe seit dem eine hochgradige fusheberparese das bein ist teilweise ab Knie abwärts taub, meine Zehen kann ich wieder heben noch nach vorne abdrücken meine Frage ist welchen invalidätsgrad könnte ich ca.erhalten.
Hallo Kevin,
wenn ein Fuß eingeschränkt ist, ist üblicherweise ein Invaliditätsgrad von bis zu 40 Prozent möglich.
Viele Grüße,
Wolfdietrich
Guten Tag,
Dr.Wolfdietrich Peiker
ich habe mir Januar 2021 mein Sprunggelenk (Trümmerbruch)gebrochen. Stellschrauben wurden nach 7 Wochen entfernt und dieses Jahr ein Teil der restlichen Schrauben entfernt . Ich fühle mich in meiner Bewegung eingeschränkt, das abrollen funktioniert nich perfekt. Wieviel Anspruch steht mir von der Versicherung zu.
Liebe Grüße
Dagmar Stiegler
Hallo Frau Stiegler, die Gliedertaxe für einen Fuß liegt üblicherweise bei 50%. Angenommen Sie können den Fuß nur noch halb so gut bewegen wie vorher, würde sie 25% der vereinbarten Versicherungssumme kriegen. Viele Grüße
Guten Tag
Ich habe unverschuldet durch einen Unfall mein linkes Bein bis Mitte Knie verloren.
Laut Gliedertaxe soll ich 50% Invaliede sein.
Ich habe eine Unfallversicherung mit Topschutz abgeschlossen.
In den Versicherungsunterlagen steht auch drin das bei einem Verlust des Beines bis unterhalb der Kniescheibe 50% Invaliedität zugesprochen wird.
Aber nach Aussage der Versicherrung bin ich aber nur 35% Invaliede.
Obwohl ich Topschutz abgeschlossen habe, hätte ich nur einen Anspruch auf 5000.- Euro.
Wie kann das sein???
Ich bezahle Monatlich über 40.- Euro für diese Versicherung.
Ich würde mich über eine Antwort freuen.
Gruss H.W.Beyer
Hallo Hans-Werner,
in deinem Fall solltest du zuerst bei der Versicherung nachfragen, weshalb dir nicht die 50% Invalidität aus den Unterlagen zugesprochen wurden. Eventuell liegt hier ein Fehler vor. Sollte die Versicherung bei ihren 35% bleiben, dann kannst du dich von einem Anwalt beraten lassen, der sich im Versicherungsrecht auskennt.
Viele Grüße,
Wolfdietrich