Insolvenz von Versicherungen: Was passiert mit deinem Geld?
Wenn du eine geeignete Versicherung für dich suchst, ist es dir sicher wichtig, einen vertrauenswürdigen Anbieter zu finden. Schließlich möchtest du, dass die Versicherung auch zahlt, wenn der Leistungsfall eintritt und du Geld von ihr möchtest. Vielleicht machst du dir Sorgen darüber, was passiert, wenn deine Versicherung insolvent wird. Hier erkläre ich dir, warum Insolvenz von Versicherungen sehr unwahrscheinlich ist und wie dein eigener Vertrag in diesem Fall geschützt wird.
Dass eine Versicherung ihre Schulden nicht mehr bezahlen kann, kommt nur ausgesprochen selten vor. Sie wird nämlich selber von einer Rückversicherung abgesichert.
Wenn eine Versicherung dennoch insolvent wird, so wird dein Versicherungsvertrag in Deutschland von einem Sicherungsfonds übernommen, dem sogenannten Protektor.
Auch in anderen europäischen Ländern werden Versicherte durch vielfältige Gesetze geschützt, beispielsweise in Liechtenstein.
Insolvenz von Versicherungen: Sehr unwahrscheinlich
Versicherungen bekommen Geld von den Kunden, die ihre Beiträge zahlen, aber auch Kapital von Banken und Investoren. Dafür haben diese Geldgeber ein Recht darauf, unter bestimmten Umständen Geld von der Versicherung zurückzubekommen: Versicherungsnehmer können bei Eintritt des Versicherungsfalls Leistungen bekommen und Kapitalgeber können ihr Kapital zurückfordern. Nun kann es sein, dass diese Schulden einer Versicherung größer sind als das Vermögen, das die Versicherung hat. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn besonders viele Kunden Versicherungsleistungen beantragen. Dann gilt diese Versicherung als insolvent.
Das ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Denn Versicherungen haben viele Kunden. Und wenn einige von den Versicherten Geld ausgezahlt kriegen, beantragen andere wiederum keine Leistungen, aber zahlen weiterhin ihre Beiträge. So ist das Geschäft von Versicherungen in den allermeisten Fällen eine sehr ausgeglichene Angelegenheit und zu Insolvenzen kommt es so gut wie nie. In Deutschland gab es von 2000 bis 2017 insgesamt 543.929 Unternehmensinsolvenzen (Statistisches Bundesamt 2018) – und darunter war nur eine einzige Lebensversicherung, die Mannheimer Leben (siehe unten).
Rückversicherer schützen Versicherungen
Auch wenn die Aktuare gute Arbeit leisten – theoretisch kann es dennoch passieren, dass eine Versicherung auf einmal mehr Geld an ihre Kunden auszahlen muss als erwartet. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn außergewöhnlich viele Kunden berufsunfähig werden und Geld von ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung beantragen. Was passiert dann? Müssen die Kunden nun etwa auf ihr versprochenes Geld verzichten?
Nein! Denn jede Versicherung hat einen großen Bruder an ihrer Seite, der ihr in solchen Situationen unter die Arme greift – nämlich eine Rückversicherung. Das ist eine Art Versicherung für Versicherer. Wenn ein neuer Kunde eine Versicherung abschließt und der Versicherer von ihm Beiträge bekommt, dann gibt sie einen kleinen Anteil davon an den Rückversicherer ab. Sollten unerwartet viele Kunden Leistungen beantragen, so dass der Versicherer nicht alles auszahlen kann, gibt die Rückversicherung ihm das benötigte Geld. So lassen sich Insolvenzen von Versicherungsunternehmen meist abwenden.
Was passiert bei Insolvenz einer Lebensversicherung?
Kommt es zu dem seltenen Fall, dass eine Versicherung dennoch insolvent wird, geht es für Lebensversicherungen – zu denen auch die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) gehört – folgendermaßen weiter:
- Wenn ein Versicherungsunternehmen seine Schulden nicht mehr begleichen kann, muss es dies bei der Finanzaufsicht Bafin anzeigen. Diese sorgt dafür, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Während diesem wird ein Plan entwickelt, wie die Gläubiger ihr Geld zurück bekommen können.
- Während dem Verfahren muss das zuständige Insolvenzgericht einen speziellen Pfleger bestellen, der sich darum kümmert, dass die Interessen der Versicherten gewahrt bleiben. Das ist in § 317 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) vorgeschrieben.
- Bei dem ganzen Insolvenzverfahren gilt: Die Forderungen der Versicherten haben Vorrang vor den Forderungen anderer Kapitalgeber. Das heißt: Zuerst muss die Versicherung Geld an die Versicherungsnehmer auszahlen (beispielsweise ihre Berufsunfähigkeitsrente), bevor andere Gläubiger ihre Kredite zurückgezahlt bekommen (§315 VAG).
- Damit der Versicherer zumindest einen Teil der Schulden zurückzahlen kann, muss er in der Regel seine Versicherungsverträge abgeben. Verträge von Lebensversicherungen (zu denen auch die BU gehört) gehen in Deutschland an die Protektor Lebensversicherungs-AG, wofür die Finanzaufsicht Bafin sorgt. Protektor sorgt dafür, dass die Verträge der Versicherten weitergeführt werden und dass sie weiterhin ihre Leistungen ausgezahlt kriegen, wenn sie bereits Leistungen bekommen. An den Verträgen ändert sich dabei nichts.
- Die Zeit beim Protektor ist für die Versicherungsverträge nur eine Übergangszeit. Danach werden sie von einem anderen Versicherungsunternehmen übernommen und von diesem ganz normal weitergeführt. Die Finanzaufsicht Bafin muss so eine Übernahme genehmigen, um die Interessen der Versicherten zu wahren.
Beispiel: Die Pleite der Mannheimer Leben
Dies ist ein sicherer Notfallplan für Lebensversicherungen. Und das beste daran ist: Er musste erst einmal eingesetzt werden, nämlich als die Mannheimer Lebensversicherung AG insolvent wurde:
- Die Mannheimer Leben musste im Jahr 2003 Insolvenz anmelden. Grund dafür war, dass sie Kapital in riskanten Aktien angelegt hat und während der damaligen Börsenkrise verlor.
- Ihre 344.000 Versicherungsverträge sollten gerettet werden, damit ihre Kunden das Geld nicht umsonst eingezahlt haben und weiterhin ihren Versicherungsschutz genießen. Dafür gründete die Versicherungswirtschaft 2004 den Protektor, der die Verträge alle weiterführte.
- Im Jahr 2017 übernahm Viridium die verbliebenen 100.000 Versicherungen vom Protektor. Diese sogenannte Run-Off-Firma spezialisiert sich darauf, bestehende Versicherungen zu verwalten – und zwar besonders effizient und kostensparend.
- Fazit: Kein einziger Kunde der Mannheimer Leben verlor bei der ganzen Sache seinen Versicherungsschutz. Ihre Verträge werden bis heute fortgesetzt, sofern die vereinbarte Laufzeit nicht schon abgelaufen ist.
Aktienspekulationen können bei kapitalgebundenen Lebensversicherungen passieren, da diese ihren Kunden versprechen, das eingezahlte Geld mit Zinsen zurückzuzahlen, wenn es nicht zu einem Leistungsfall kommt. Getsurance Job zum Beispiel ist eine reine Risikoversicherung, die es nicht nötig hat, mit Spekulationen ihren Kunden Zinsen zu verschaffen.
Insolvenz von Versicherungen in anderen Ländern
In anderen Ländern sind die gesetzlichen Vorschriften teilweise noch strenger als in Deutschland – beispielsweise in Liechtenstein, wo die Squarelife Lebensversicherungs-AG ihren Sitz hat.
Meldet ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in Liechtenstein Insolvenz an, so werden die Verträge zwar nicht an eine Gesellschaft wie den Protektor übertragen, die von einem Sicherungsfonds gestützt wird. Dafür schreibt das liechtensteinische Gesetz vor, dass alle Beiträge, die von den Versicherten eingezahlt wurden, als Sondermasse gelten. Diese darf von den Gläubigern überhaupt nicht angetastet werden, im Gegensatz zu sonstigem Vermögen. Artikel 161 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VersAG) schreibt nämlich Folgendes vor:
Die Vermögenswerte zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen bilden im Konkurs eine Sondermasse […] zur Befriedigung der Versicherungsforderungen.
Wie diese Sondermasse zu behandeln ist, steht in Artikel 45 Absatz 1 der Konkursordnung (KO):
Gläubiger, die Ansprüche auf abgesonderte Befriedigung aus bestimmten Sachen des Gemeinschuldners haben (Absonderungsgläubiger), schließen, soweit ihre Forderungen reichen, die Konkursgläubiger von der Zahlung aus diesen Sachen (Sondermassen) aus.
Das heißt konkret, dass die Sondermasse dazu dient, den Kunden der Versicherung im Ernstfall ihre Leistungen auszuzahlen. Andere Konkursgläubiger – wie beispielsweise Banken oder Investoren – dürfen da nicht ran. Wenn es zu einer Insolvenz einer liechtensteinischen Versicherung kommt, wird sich – auch ohne Protektor – ein anderer Versicherer finden, der die Verträge übernimmt und weiterführt.
Doch auch im Fürstentum Liechtenstein ist die Insolvenz von Versicherungen sehr selten. Die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) passt darauf auf, dass Versicherungen mit genügend sicheren Finanzmitteln ausgestattet sind, um Leistungen an die Kunden auszuzahlen – und beispielsweise nicht zu viel Kapital in unsicheren Wertpapieren anlegen.
Was passiert,wenn ich mir eine Jahresrente von meiner Versicherung auszahlen lasse, falls diese nach Jahren doch in die insolvent geht, mit meiner Jahresrente?