Berufsunfähigkeit: Was heißt das eigentlich?
Sicher kennst du das: Husten, Schnupfen und Fieber hauen dich um – krank ist jeder mal. In den allermeisten Fällen bist du nach ein paar Tagen wieder fit und gesund. Doch was ist, wenn dich eine Krankheit oder ein Unfall für ein halbes Jahr oder länger aus der Bahn werfen? Dann droht dir Berufsunfähigkeit. Was das genau ist, erklären wir hier.
Das musst du wissen:
- Du bist berufsunfähig, wenn du deinen aktuellen Beruf voraussichtlich dauerhaft nicht mehr ausüben kannst.
- Arbeitsunfähigkeit ist etwas anderes: Du kannst deine Arbeit wegen einer Krankheit vorübergehend nicht ausüben, aber erhältst weiterhin deinen Lohn oder Krankengeld.
- Die häufigsten Ursachen für Berufsunfähigkeit sind psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen.
- Bist du erst einmal berufsunfähig, dann fällt dein Einkommen weg. Dir drohen große finanzielle Probleme. Hier kann dich eine Berufsunfähigkeitsversicherung finanziell schützen.
Berufsunfähigkeit erklärt
Du musst beim Begriff Berufsunfähigkeit zwei Bereiche unterscheiden.
- Der eine ist die Berufsunfähigkeit in der Deutschen Rentenversicherung. Bis 2001 hatten alle, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlten, einen Anspruch auf eine staatliche Rente wegen Berufsunfähigkeit. Seitdem hat sich die staatliche Unterstützung jedoch stark verringert, sodass der eigene Lebensstandard kaum gehalten werden kann. Die Deutsche Rentenversicherung gibt folgende Definition: „Berufsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung ihren bisherigen versicherungspflichtigen Beruf nicht mehr mindestens 6 Stunden täglich ausüben können.“ In dem Falle erhält man vom Staat eine Berufsunfähigkeitsrente. Diese Rente wurde 2001 allerdings durch die sogenannte Erwerbsminderungsrente ersetzt. Der Staat geht also nicht mehr davon aus, dass du „berufsunfähig“ wirst, sondern „erwerbsgemindert“. Dafür ist nicht mehr dein aktueller Beruf entscheidend. Um die Erwerbsminderungsrente zu bekommen, kommt es vielmehr darauf an, dass du aus gesundheitlichen Gründen gar keinen Beruf mehr ausüben kannst. Diese neue Regelung gilt für alle, die ab dem 02.01.1961 geboren sind.
- Der zweite Bereich ist die Berufsunfähigkeit in der privaten Versicherung. Da die staatliche Erwerbsminderungsrente recht gering ist, kannst du dich privat mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung absichern. Dabei geht es um deinen aktuellen Beruf. Du bist dann berufsunfähig, wenn du deinen zurzeit ausgeübten Beruf nur noch zu weniger als 50 Prozent ausüben kannst. Und das für mindestens 6 Monate. Zwei Beispiele machen das deutlich: Ein Dachdecker kann seinen Beruf nicht mehr ausüben, wenn er nach einem Unfall nicht mehr schwer heben kann. Oder ein Marketing-Experte bekommt so starke Depressionen, dass er nicht mehr kreativ arbeiten oder mit Kunden sprechen kann.
Hohes Risiko für jeden
Jeder sollte sich klar darüber sein, dass das Risiko, berufsunfähig zu werden, hoch ist. Denn jeder Vierte in Deutschland ist im Laufe seines Lebens von Berufsunfähigkeit betroffen. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden 2014 von den Versicherungsunternehmen 40.200 Fälle von Berufsunfähigkeit anerkannt. Es gibt bestimmte Berufe, bei denen das Berufsunfähigkeitsrisiko höher ist als bei anderen. Dazu gehören Jobs mit einem hohen Gefahrenpotenzial wie etwa Fitnesstrainer, Schauspieler oder Tanzlehrer. Aber auch körperlich schwer arbeitende Menschen, wie Gerüstbauer, Metzger und Krankenpfleger besitzen ein höheres Risiko berufsunfähig zu werden als beispielsweise Anwälte und Bankkaufleute. Trotzdem heißt das nicht, dass du weniger gefährdet bist, wenn du einen Bürojob hast. Die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit sind nämlich psychische Erkrankungen und diese können jeden betreffen (mehr dazu weiter unten im Artikel).
Unterschied zwischen Berufsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit
Der Blick auf die Berufsunfähigkeit im Vergleich zur Arbeitsunfähigkeit macht einige Unterschiede deutlich. Bei Arbeitsunfähigkeit handelt es sich nämlich um einen Begriff aus dem Arbeits- und Sozialrecht. Deine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt dir dein Arzt, er stellt dann eine Krankschreibung – den “Gelben Schein” – aus, die du deinem Arbeitgeber vorlegen musst. Die häufigsten Ursachen für eine “Krankschreibung” sind Erkrankungen des Skelett- und Muskelsystems wie Arthritis, Knorpelschäden oder ein Bandscheibenvorfall. An zweiter Stelle kommen laut DAK Gesundheitsreport Erkrankungen der Atemwege, also etwa eine Erkältung. Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die häufigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2015.
Häufigste Ursachen für Arbeitsunfähigkeit

Bist du bei einem Arbeitgeber angestellt und dann mal wegen einer Krankheit arbeitsunfähig gemeldet, dann muss er dir trotzdem deinen Lohn oder dein Gehalt in voller Höhe weiterhin zahlen. Diese Entgeltfortzahlung gilt sechs Wochen lang. Du hast in dieser Zeit also keinen finanziellen Verlust. Das gilt auch für geringfügig Beschäftigte. Sollte deine Krankheit länger als sechs Wochen dauern, dann übernimmt deine Krankenkasse die Fortzahlung, in Form des Krankengeldes. Allerdings nicht zu 100 Prozent. Das Krankengeld hat eine Höhe von 70 Prozent deines letzten Bruttoeinkommens und es wird längstens 72 Wochen lang von der Krankenkasse gezahlt. Eine spezielle Arbeitsunfähigkeitsversicherung gibt es nicht. Ist deine Arbeitsunfähigkeit nach einem Arbeitsunfall aufgetreten oder die Folge einer Berufskrankheit, dann bekommst du von der gesetzlichen Unfallversicherung das sogenannte Verletztengeld und kein Krankengeld.
Gründe für Berufsunfähigkeit
Viele Menschen glauben, dass es meistens Unfälle sind, die zu Berufsunfähigkeit führen. Doch das stimmt nicht. Sie nehmen mit 10 Prozent nur einen kleinen Teil als mögliche Berufsunfähigkeits-Gründe ein. Im Vordergrund stehen mit 31 Prozent psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen. Berufsunfähigkeit durch Depression ist also nicht selten. An zweiter Stelle der Ursachen für Berufsunfähigkeit sind Erkrankungen des Skelett- und Muskelapparates zu nennen. Dazu gehören zum Beispiel Rückenleiden, Bandscheibenvorfälle oder Arthrose an den Gelenken. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die häufigsten BU-Ursachen:
Ursachen Berufsunfähigkeit | Anteil |
---|---|
Psychische Erkrankungen | 31% |
Erkrankungen von Skelett und Muskeln | 22% |
Sonstige Ursachen | 16% |
Tumore | 14% |
Unfälle | 10% |
Kreislauferkrankungen | 8% |
*Quelle: Morgen & Morgen, 04/2016
Mit einer gesunden Lebensweise kannst du gegen viele Erkrankungen bereits im Vorfeld etwas tun. So helfen Sport und gesundes Essen, beispielsweise mit der Eiweiß-Diät, gegen Übergewicht, das zum Beispiel bei Herz- und Kreislauferkrankungen eine entscheidende Rolle spielt.
Was passiert, wenn ich berufsunfähig bin?
Nehmen wir einmal den schlimmsten Fall an und du wirst berufsunfähig. Auf der einen Seite stehen die gesundheitlichen Probleme, die dich belasten. Hinzu kommt dann aber auch noch ein finanzieller Aspekt: Bist du berufsunfähig, dann erhältst du kein Geld mehr von deinem Arbeitgeber. Er ist ja nur im Fall einer vorübergehenden Krankschreibung zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Du hast also von einem Tag zum anderen kein Einkommen mehr und damit große Probleme, deinen Lebensstandard zu erhalten. Es gibt zwar eine staatliche Absicherung in Form der Erwerbsminderungsrente, doch die wird nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen ausgezahlt. Zum Beispiel zahlt sie nur dann, wenn du überhaupt keinen Beruf mehr ausüben kannst. Zudem musst du mindestens 3 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Hinzu kommt, dass die Erwerbsminderungsrente sehr gering ist und meistens nicht ausreicht, um dauerhaft den Lebensunterhalt zu sichern.
Um die Risiken einer Berufsunfähigkeit abzusichern, empfehlen wir eine zusätzliche Berufsunfähigkeitsversicherung. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für jede Berufsgruppe interessant. Wir haben uns zum Beispiel in einem Ratgeberartikel ausführlich mit der Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärzte beschäftigt. Den privaten Berufsunfähigkeitsschutz wollen wir dir jetzt kurz erklären.
Berufsunfähigkeitsversicherung ist sinnvoll
Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) zahlt dir eine monatliche Rente, wenn du dauerhaft deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst. Mit der BU kannst du eine mögliche Berufsunfähigkeit absichern und im Fall von Berufsunfähigkeit einen Antrag auf BU-Rente stellen. Die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente legst du gemeinsam mit dem Versicherer bei Antragstellung fest. Wir empfehlen dir, die Hälfte deines Nettoeinkommens als BU-Rente abzusichern, mindestens aber 1.000 Euro. Im Laufe deines Berufslebens zahlst du dafür monatliche Beiträge an die Versicherung. Bestimmt fragst du dich: Was kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung? Die Höhe der Beiträge kann sehr unterschiedlich sein und hängt von verschiedenen Punkten ab.
- Von deinem Alter beim Beginn des Versicherungsvertrages. Es gilt: Je jünger du in die BU Versicherung einsteigst, desto günstiger sind die Tarife.
- Von deinem Beruf. Es gibt Berufsgruppen, bei denen das Risiko berufsunfähig zu werden, höher ist. Dazu gehören zum Beispiel körperlich schwer arbeitende Menschen. Diese zahlen dann mehr.
- Von der Höhe der vereinbarten BU-Rente. Je höher dein Rentenanspruch bei Berufsunfähigkeit ist, desto höhere Beiträge musst du zahlen.
- Von deinem Gesundheitszustand. Du musst beim Abschluss einer Versicherung auf Berufsunfähigkeit Gesundheitsfragen beantworten. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Gesundheitsfragen gibt es nicht. Gesunde Menschen ohne Vorerkrankungen zahlen den normalen Monatsbeitrag. Hast du bereits Vorerkrankungen, können Risikozuschläge auf dich zukommen.
Häufige Fragen
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Gibt es eine Berufsunfähigkeit bei Beamten?
Bei Beamten hat die Berufsunfähigkeit einen anderen Namen. Sie heißt dann Dienstunfähigkeit. Von Dienstunfähigkeit spricht man, wenn du als Beamter von deinem Dienstherrn wegen einer Krankheit in den Ruhestand versetzt wirst. Für Beamte ist daher eine Dienstunfähigkeitsversicherung sinnvoll. -
Ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Studenten nötig?
Ja. Denn gerade als Student steht dir häufig nicht einmal die staatliche Erwerbsminderungsrente zu. Die erhältst du nämlich nur, wenn du mindestens 3 Jahre in die Sozialversicherung eingezahlt hast. Und welcher Student kann das schon vorweisen? Als Student oder als Auszubildender ist eine Berufsunfähgkeitsversicherung durchaus sinnvoll, und du kommst in den Vorteil besonders günstiger Tarife, sogenannter Einsteigertarife. Die Versicherer berechnen diese Tarife anders, weil du als junger Erwachsener meist gesünder bist. Außerdem hast du dann eine lange Vertragslaufzeit, was ebenfalls die Tarife günstig beeinflusst. Nach einigen Jahren steigt dann dein Beitrag über den des Normaltarifs. So können sich auch Studenten mit schmalem Geldbeutel eine BU leisten. -
Sind die Kosten für eine BU steuerlich absetzbar?
Grundsätzlich ja. In deiner Steuererklärung kannst du die Berufsunfähigkeitsversicherung mit Kosten und Ausgaben als “Vorsorgeaufwendungen” angeben. Das geht bis zu 1900 Euro im Jahr bei Angestellten und bis zu 2800 Euro bei Selbstständigen. Unter Vorsorgeaufwendungen fallen alle Versicherungen, die deine private Gesundheitsvorsorge und Einkommensabsicherung betreffen. -
Was ist eigentlich eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung?
Bei dieser Form wird die BU mit einem anderen Vertrag wie etwa mit einer Lebensversicherung verbunden. Diese Kombination kann aber zu Problemen führen, wenn du etwa nur die Berufsunfähigkeitsversicherung kündigen möchtest. Dann würde nämlich auch der Vertrag der Lebensversicherung aufgelöst werden. Wir empfehlen die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung daher nicht. -
Was bedeutet Erwerbsunfähigkeit?
Erwerbsunfähig bist du, wenn du gar keiner Tätigkeit mehr nachgehen kannst. Bist du beispielsweise an Demenz erkrankt, dann kannst du irgendwann gar keine Arbeit mehr ausüben. Auch gegen Erwerbsunfähigkeit kannst du dich privat absichern mit der Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Sie ist meistens günstiger als die BU, zahlt jedoch nur dann, wenn du gar keiner Arbeit mehr nachgehen kannst. -
Wie sinnvoll sind Versicherungen wie eine Unfallversicherung oder eine Rechtsschutzversicherung?
Eine Rechtsschutzversicherung kann in vielen Situationen hilfreich sein. Im Zusammenhang mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung etwa, wenn es Streit mit dem Versicherer um die Auszahlung einer BU Rente geht. Dann unterstützt dich die Rechtsschutzversicherung bei der Wahrnehmung deiner Rechte. Eine Unfallversicherung deckt Schäden ab, die in Folge eines Unfalls entstanden sind. Also wenn du zum Beispiel von einem Auto angefahren wirst und dabei Wirbelverrenkungen erleidest. Im Normalfall wird dir dann eine Einmalzahlung ausgezahlt, mit der du alle notwendigen Kosten begleichen kannst.
Können mir die Zahlung aus einer privaten BU-Versicherung auf das Krankengeld angerechnet werden? Bekomme zur Zeit Zahlung aus Der BU und bin wegen meiner Erkrankung, die im November 2015 erkannt wurde, aus der Firma ausgeschieden und die Krankenkasse müsste nun auch KG zahlen.
Hallo Uwe,
auch wenn du die Rente einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung bekommst, hast du Anspruch auf das volle Krankengeld. Die BU-Rente wird nur beim Arbeitslosengeld II und bei der Grundsicherung angerechnet.
Viele Grüße,
Wolfdietrich
Ich bekomme seit 2009 eine Berufunfähigkeitsrente. Darf ich jetzt eine andere Tätigkeit für 6 Wochen ausüben, ohne dass diese angerechnet wird?
Hallo Annika,
wenn der Versicherungsvertrag eine konkrete Verweisung enthält, dann erhältst du die Rente wahrscheinlich weiterhin, wenn diese Tätigkeit weniger als 80 Prozent deines alten Einkommens bringt oder wenn sie nicht die gleiche „soziale Wertschätzung“ hat wie deine alte Arbeit. Du solltest in die Versicherungsbedingungen schauen, um sicher zu gehen.
Viele Grüße,
Wolfdietrich