Plötzlich arbeitsunfähig – und dann?
Arbeitsunfähigkeit kann jeden treffen. Und auch wenn diese in den meisten Fällen nicht selbst verschuldet ist, leiden die Betroffenen meist doppelt: Neben den Folgen der Krankheit oder des Unfalls sind finanzielle Probleme keine Seltenheit. Denn der Heilungsprozess dauert oft länger, als der Arbeitgeber Lohn zahlt.
Es gibt eine Reihe von Leistungen, die dich unterstützen, wenn du krankheitsbedingt nicht arbeiten kannst. Diese solltest du kennen, um zu wissen, wo und wann du sie beantragen kannst und ob die Leistungen, die du erhältst, für dich ausreichend sind. In vielen Fällen ist es ratsam, dass du dich zusätzlich privat absicherst und dich nicht nur auf die Leistungen des Staates und der Krankenkasse verlässt.
In diesem Artikel erfährst du, welche Gelder du wann, von wem und wie lange erhältst. Außerdem zeigen wir dir, welche zusätzlichen Vorkehrungen du treffen kannst, damit du im Ernstfall keinen finanziellen Engpass erleidest.
Wann gilt jemand als arbeitsunfähig?
Krankheit
Wenn ein Arbeitnehmer seinem Beruf nicht mehr nachgehen kann, dann gilt er als arbeitsunfähig. Dafür kann es verschiedene Gründe geben: Wenn jemand eine schwerere körperliche Krankheit hat, wie zum Beispiel ein Krebsleiden, dann kann dies bedeuten, dass er für lange Zeit nicht in der Lage ist, arbeiten zu gehen. Dabei ist es ziemlich egal, welchen Beruf die Person normalerweise ausübt. Unabhängig davon, worum es sich genau handelt: Die Person ist höchstwahrscheinlich zu schwach dafür, sich zu konzentrieren oder körperlich zu betätigen. Außerdem könnte zusätzlicher Stress durch die Arbeit dazu führen, dass sich die gesundheitliche Situation der Person verschlimmert. Das gilt auch bei psychischen Krankheiten. Wer einen Burnout erleidet, muss sich so lange von der Arbeit erholen, bis er sich wieder vollständig regeneriert hat.
Unfall
Anders ist das bei Unfällen. Wer einen schweren Unfall hat und im Krankenhaus liegt, kann natürlich nicht zurück ins Büro gehen oder sich zu Hause an den Schreibtisch setzen und normal weiterarbeiten. Wenn sich jemand allerdings „nur” den Fuß bricht, kommt es darauf an, welchen Beruf die Person ausübt. Bei einer körperlichen Tätigkeit, wie zum Beispiel auf dem Bau, bedeutet ein gebrochener Fuß genug Einschränkung. In diesem Fall ist die Person für die Heilungszeit arbeitsunfähig. In einem Bürojob hat man durch den gebrochenen Fuß weniger Probleme, seinen Aufgaben nachzugehen. Wenn zu dem Aufgabenbereich jedoch auch stehende Arbeiten gehören, kann der Chef der Person andere Aufgaben zuteilen, die im Sitzen erledigt werden können. Es besteht also keine Arbeitsunfähigkeit, wenn die Aufgaben im Team anders verteilt werden können.
Wie lange zahlt der Arbeitgeber?
Krankmeldung und Attest
Wenn du krank bist oder einen Unfall hattest und es abzusehen ist, dass die Genesungszeit länger als zwei Tage dauern wird, solltest du direkt zum Arzt gehen und dir deine Arbeitsunfähigkeit bescheinigen lassen. Ab dem dritten Krankheitstag bist du dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber ein Attest vom Arzt vorzulegen. Dein Chef kann allerdings auch schon früher auf diese Bescheinigung bestehen, wenn er Zweifel an deiner Krankheit hat. Um sicher zu gehen, macht es also Sinn, direkt einen Nachweis beim Arzt einzufordern.
Lohnfortzahlung
Mit einer Krankmeldung und einem offiziellen Attest musst du dir dann auch keine Sorgen um dein Gehalt machen. Nach §3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes ist dein Vorgesetzter dazu verpflichtet, dir dein Gehalt weiter zu bezahlen, wenn du krank oder arbeitsunfähig bist. Um einen Anspruch auf Lohnfortzahlung zu haben, musst du vor dem Arbeitsausfall mindestens 4 Wochen lang in dem Unternehmen gearbeitet haben. Du bekommst dann das Gehalt, das du normalerweise erhältst, zu 100% ausbezahlt – für ganze sechs Wochen.
Wer zahlt nach sechs Wochen?
Leider dauern manche Heilungsprozesse deutlich länger als die sechs Wochen, in denen du Lohnfortzahlung von deinem Unternehmen bekommst. In diesen sechs Wochen musst du dir keine Sorgen um deine finanzielle Lage machen, weil du weißt, dass dein normaler Lohn trotz Krankheit weiterhin auf dein Konto eingeht. Aber was kommt danach, wenn du keine großen Ersparnisse hast oder diese nicht für die Miete und Essen ausgeben möchtest?
Damit du nicht frühzeitig wieder in den Beruf zurückkehren musst und damit deine Gesundheit gefährdest, bekommst du nach den sechs Wochen Hilfe von der gesetzlichen Krankenkasse. Ab dem 43. Krankheitstag übernimmt die Krankenkasse deine finanzielle Unterstützung.
Wie viel Geld bekomme ich von der Krankenkasse?
Sechs Wochen lang bekommst du deinen vollständigen Lohn von deinem Arbeitgeber ausbezahlt. Das ist beim Krankengeld leider nicht mehr der Fall. Es fällt niedriger aus und deckt möglicherweise nicht alle Kosten ab, die normalerweise von deinem Lohn bezahlt werden. Das macht sich besonders für diejenigen Angestellten bemerkbar, denen ihr monatliches Einkommen gerade so ausreicht.
Die Krankenkasse zahlt im Normalfall 70 Prozent deines regelmäßigen Bruttogehalts, maximal aber 90 Prozent des Nettogehalts als Krankengeld aus.
Vom Krankengeld werden allerdings noch Beiträge für Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung und Pflegeversicherung abgezogen, der Beitrag zur Krankenversicherung wird aber nicht fällig. Das Krankengeld ist bedingt steuerfrei. Das heißt, dass das Krankengeld, das dir ausbezahlt wird, bei der Auszahlung zunächst nicht besteuert wird, wie das normal bei deinem Lohn der Fall ist. Du musst es aber später in deiner Steuererklärung angeben, wenn du mehr als 410 Euro Krankengeld in einem Jahr erhalten hast. Dein Steuersatz kann sich dadurch erhöhen.
Das Krankengeld kannst du länger beziehen als die Lohnfortzahlung deines Arbeitgebers. Insgesamt hast du innerhalb von drei Jahren aber nur 78 Wochen Anspruch auf Krankengeld. Wenn du also 19,5 Monate bzw. knapp über eineinhalb Jahre arbeitsunfähig bist, bekommst du kein Geld mehr von der Krankenkasse.
Was kommt nach dem Krankengeld?
Das Krankengeld, das du von der Krankenkasse erhältst, endet in der Regel nach 78 Wochen. Das Ende der Zahlung nennt man „Aussteuerung”. Nach der Aussteuerung gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie es weitergehen kann – abhängig davon, ob du du körperlich und/oder mental in der Lage bist, wieder deinen ursprünglichen oder einen neuen Beruf auszuüben.
1. Wiedereingliederung
Im besten Fall ist die Genesung so weit vorangeschritten, dass du deinen Beruf wieder aufnehmen kannst. Aber nicht immer ist man direkt bereit, wieder voll in den Job einzusteigen. Vor allem bei psychischen Erkrankungen wie einem Burnout wäre es fatal, wieder mit 100 Prozent zu starten und durch den Stress direkt wieder zu erkranken. Und psychische Erkrankungen sind heute so häufig wie nie zuvor. Deshalb gibt es das „Hamburger Modell”, das – in Begleitung mit dem Arzt – dem Arbeitnehmer einen stufenweisen Wiedereinstieg in den Beruf ermöglicht.
2. Berufliche Rehabilitation
Wenn du dich wieder bereit fühlst, zu arbeiten, deine gesundheitlichen Probleme aber nicht zulassen, dass du deinen vorherigen Job ausübst, kommt eine berufliche Rehabilitation für dich in Frage. Die berufliche Reha wird auch unter dem Begriff „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ (LTA) zusammengefasst und fördert die Wiedereingliederung ins Arbeitsleben. Das kann zum Beispiel heißen, dass dir dabei geholfen wird, einen neuen Beruf zu erlernen.
3. Erwerbsminderungsrente
Wenn du nach deiner Erkrankung nicht mehr arbeitsfähig bist und du weder deinen ursprünglichen noch einen neuen Job antreten kannst, gilst du als erwerbsgemindert. Da dies ein dauerhafter Zustand ist, der sich im Laufe deines Lebens vielleicht nicht mehr ändern wird, kannst du Erwerbsminderungsrente beantragen. Nach deinem Antrag wird geprüft, ob du die Erwerbsminderungsrente tatsächlich erhältst oder nicht. Die Auszahlung der Erwerbsminderungsrente lag 2019 durchschnittlich deutlich unter 1.000 Euro pro Monat.
Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit
Dieses Verfahren kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Manchmal dauert der Prozess so lange, dass die 78 Wochen, in denen Betroffene Krankengeld erhalten, überschritten werden. In dieser Zeit rutschen die Personen durch das soziale Netz, da sie in dieser Periode weder das Krankengeld noch die Zahlung der Erwerbsminderungsrente bekommen und zusätzlich ihren Krankenversicherungsschutz verlieren.
Um Personen vor dem finanziellen Ruin zu schützen, kann die Lücke zwischen Krankengeld und Erwerbsminderungsrente mit dem Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit (nach § 145 SGB III) überbrückt werden. Dieses Arbeitslosengeld erhältst du dann so lange, bis die nächste Leistung greift. In dieser Zeit werden auch die Beiträge für deine Krankenkasse von der Agentur für Arbeit übernommen. Du bist also weiterhin finanziell abgesichert und genießt vollen Krankenversicherungsschutz.
Wie kann ich mich privat absichern?
Berufsunfähigkeitsversicherung
In Deutschland sind aktuell 20 Prozent aller Haushalte mit mindestens einer Berufsunfähigkeitsversicherung abgesichert (VuMA-Erhebung 2022, Seite 44). Die Versicherung greift dann, wenn eine Person für 6 Monate oder länger ihren bisherigen Beruf nur noch zu 50% oder weniger ausüben kann. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um körperliche und psychische Krankheiten, bei denen die Dauer des Heilungsprozesses nicht abzusehen ist. Wenn aber klar ist, dass deine Heilung nur einige Wochen oder Monate in Anspruch nimmt und du danach wieder in deinen Beruf einsteigen kannst, zahlt dir die Versicherung noch kein Geld, obwohl es auch hier schon zu Einkommenseinbußen kommt.
Arbeitsunfähigkeitsversicherung
Für den Fall, dass dein Heilungsprozess zeitlich abzusehen ist und eine reine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zahlen würde, gibt es eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung. Die greift auch dann schon, wenn du einige Wochen außer Gefecht gesetzt bist, und gleicht deinen Lohnausfall aus. Diese Versicherung gibt es meistens als Zusatz zu deiner bestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung, für den nochmal extra monatliche Beiträge fällig werden.
Arbeitsausfallversicherung
Eine Arbeitsausfallversicherung, wie zum Beispiel die Arbeitsausfallversicherung von Getsurance, kann auch unabhängig von einer Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen werden. Die Versicherung zahlt dir Geld als Ersatz für dein Gehalt. Du bekommst einen monatlichen Betrag ausgezahlt, wenn du drei Monate oder länger krankgeschrieben bist – zum Beispiel 1.500 Euro. Und zwar auch dann, wenn du nur für ein paar Monate krank bist und eine BU nicht zahlen würde. Du kannst deinen monatlichen Beitrag selbst wählen, je nachdem, wieviel du für eine Versicherung ausgeben kannst und wie hoch deine monatliche Auszahlung im Krankheitsfall sein muss, um deine Lohnlücke zu schließen. Diese Arbeitsausfallversicherung ist günstiger als eine BU und eignet sich auch als Alternative für Personen, deren individueller Beitrag für eine BU zu hoch wäre.