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Burnout Erfahrungsbericht – „Zum Glück nur einen gehabt“

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Serie: Wie fühlt sich ein Mensch mit Burnout?

Claudia* (53 Jahre) arbeitete für 25 Jahre in der Pflege und Betreuung in verschiedenen Bereichen. Eines Abends kommt sie nach Hause und sackt an der Tür in sich zusammen. Dort saß sie stundenlang, die Schuhe noch an und konnte sich nicht mehr bewegen. Danach verlässt sie für sechs Tage nicht mehr das Bett. Ein Arzt kommt und stellt ihr die Diagnose Burnout.

Wie sie in den Burnout geraten ist, wie es ihr erging und wie sie es daraus schaffte, berichtet Claudia uns im Interview.

Inhaltsverzeichnis

  1. Weg in den Burnout – Der krankhafte Drang nach Perfektion
  2. Körperliche Warnsignale – Der Körper gab einfach auf
  3. Diagnose: Schweres Burnout
  4. Psychotherapie und Unterstützung von Freunden halfen
  5. Und wie geht’s nach dem Burnout weiter?

Weg in den Burnout – Der krankhafte Drang nach Perfektion

Claudia hat in ihrem Beruf alles gegeben. „Ich habe mit und für die Arbeit gelebt,” erzählt sie. Jeder Erfolg war ein Rausch, ein Adrenalinrausch.” Sie berichtet, dass sie es geliebt habe, anderen zu helfen und es für sie eine Befriedigung war, wenn sie es schaffte, ihren Patient:innen nützlich zu sein. „Dann wurde ich gelobt, habe Dankbarkeit erfahren, das tat mir gut.” 

„Es war wie eine Arbeitssucht”, erkennt Claudia im Nachhinein. Wenn ein Fall erfolgreich abgeschlossen war, fiel sie in ein Loch. Dieses versuchte sie dann durch noch mehr Arbeit zu kompensieren. „Mein damaliger Partner war auf der Prio-Liste ganz weit unten. Gezählt hat für mich der Job, die Patient:innen, die Bestellungen für Verbände usw.”. 

„Immer 150 % Leistung. Es gibt keine Fehler.“

Claudia, 53, Burnout-Patientin im Interview

Ihre eigenen Anforderungen und Maßstäbe setzte sie auch ihren Kolleg:innen und ihrem Partner entgegen. „Was ich von mir verlangt habe, habe ich auch von anderen verlangt. Immer 150% Leistung, es gibt keine Fehler”, erläutert Claudia. Alles musste perfekt sein. So erzählt sie davon, dass sie auch mal bis morgens 3 Uhr die Wohnung geputzt habe. “Wenn etwas verändert war, hat mich das schon gestresst”. Sie schrieb Einkaufszettel für ihren Partner. Hat dieser aber trotzdem die falschen Sachen eingekauft, so war sie wütend auf ihn. “Was stimmt nicht mit dir? Warum funktionierst du nicht einfach?” fragte sie ihn. Sie wurde zunehmend schwieriger im Umgang, schnell gereizt. Allein die Frage nach der Uhrzeit sei ihr schon zu viel gewesen. Spätestens an diesem Punkt hätten die Alarmglocken leuten sollen. Doch in diesem Stadium sei es “wahnsinnig schwer [gewesen] selbst zu erkennen, dass etwas nicht stimmt. Man ist total im Funktionsmodus.” 

Körperliche Warnsignale – Der Körper gab einfach auf

Irgendwann spielte der Körper einfach nicht mehr mit. Claudia kam nach der Arbeit nach Hause und sackte in sich zusammen. Sie saß, die Schuhe noch an, stundenlang an der Tür und habe die ganze Nacht geweint, konnte sich nicht mehr bewegen. “Danach kam nichts mehr. Absolute Leere”, erzählt sie. Sie schildert, wie sie dann aufgestanden sei, ein Glas Milch getrunken habe und danach für sechs Tage nicht mehr aus dem Bett aufgestanden ist. “Mein Körper fühlte sich an wie aus Blei.” Jedes Auto, das vorbeifuhr, wurde zur Belastung. “Ich konnte Reize generell gar nicht mehr aushalten.”

Zudem hatte sie Schweißausbrüche, schwere Beine und eine schuppende Haut als körperliche Symptome entwickelt.

Lies mehr zum Thema „Burnout-Körperliche Symptome„.

Diagnose: Schweres Burnout

Freunde haben ihr dann zunächst auf die Beine geholfen. “Anziehen, waschen, essen – alles war so unheimlich schwer. Ich musste stundenlang darüber nachdenken, wie ich jetzt in die Dusche komme. Mein Körper wollte nicht mehr.” Nach drei bis vier Wochen meinten die Freunde, dass sie es alleine nicht mehr schaffen und holten einen Arzt zu ihr nach Hause. Aufstehen und selber zum Arzt gehen wäre unmöglich gewesen. Der Arzt diagnostizierte zunächst eine schwere Depression aufgrund von Überlastung, korrigierte die Diagnose aber später zu “schwerer Burnout”. Er wollte ihr Medikamente verschreiben, welche sie ablehnte. “Gut, dann versuchen wir es homöopathisch“, meinte der Arzt.

Der Arzt gab ihr täglich kleine Aufgaben, sodass sie wieder auf die Beine und aus dem Bett kam. Zum Beispiel: versuche in die Küche zu gehen und dort für 10 Minuten zu sitzen, um die Außenwelt wieder wahrzunehmen.

Psychotherapie und Unterstützung von Freunden halfen

Nachdem es ihr physisch wieder etwas besser ging, wusste sie, dass sie auch psychotherapeutische Hilfe benötigt, um nicht in eine Spirale zu geraten. Sie nahm sich vor, sich auf die Therapie einzulassen, um möglichst viel daraus mitzunehmen. “Ohne Therapie wäre ich da nicht so schnell rausgekommen”, fasst sie ihre Erfahrung zusammen. Insgesamt hat sie diese für 10 Monate besucht. “Danach folgte noch viel Arbeit an mir selbst”. Für sie sei die wichtigste Erkenntnis aus der Therapie gewesen, sich jeden Tag zu schätzen. 

Hatte mir vorgenommen dem Therapeuten zu vertrauen und mich auf die Therapie einzulassen.

erzählt Claudia über ihre Burnout-Therapie

Zusätzlich zur Therapie half ihr ein Hundewelpen, um wieder auf die Beine zu kommen. Den bekam sie von einem Freund geschenkt. “Der Hund war mit eine große Stütze. Ich konnte lernen, mit wie wenig Tiere auskommen. Ein bisschen Futter, ein paar Streicheleinheiten”. Es habe ihr und ihrer Genesung sehr gut getan, sich um den Welpen zu kümmern.

In der Zeit machte sie sich auch viele Sorgen um ihre berufliche Zukunft und die finanziellen Belastungen, die sie kompensieren musste. Die Krankenkasse übernahm keine Kosten der Therapie, zudem wurde sie von der Firma gekündigt aufgrund des langen Ausfalls. Überstanden habe sie die Krise vor allem auch durch die Unterstützung ihres sozialen Umfeldes. “Sie standen an meiner Seite und tun es zum Glück heute auch noch.”, erzählt sie.

Und wie geht’s nach dem Burnout weiter?

Für Claudia änderte sich einiges nach dem Burnout, vor allem aber an ihrer Herangehensweise zur Arbeit. Sie lernte, “dass es auch ohne mich geht, und Stopp zu sagen”, loslassen und Aufgaben abzugeben. Beruflich blieb sie dem Pflegeberuf treu, bildete sich aber auf vielen Gebieten weiter. Heute engagiert sie sich sehr zum Thema Burnout-Prävention und hilft anderen Betroffenen mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen.

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