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Was zahlt der Staat bei Berufsunfähigkeit?

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Was zahlt der Staat bei Berufsunfähigkeit? Diese Frage stellen sich vermutlich viele Arbeitnehmer:innen, die sich mit dem Thema finanzielle Vorsorge beschäftigen. Wer plötzlich berufsunfähig wird, kann schnell in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Zwar übernehmen Arbeitgeber:innen und Krankenkassen Zahlungen, diese sind jedoch zeitlich begrenzt und stellen auf Dauer nur einen Anteil des bisherigen Einkommens dar. Seitens des Staates gibt es keine Berufsunfähigkeitsrente (mehr). Diese kann nur privat abgeschlossen werden.

Inhaltsverzeichnis

  1. Berufsunfähig oder erwerbsgemindert – worin liegt der Unterschied?
  2. Das zahlt der Staat bei einer Berufsunfähigkeit
  3. Deswegen ist Berufsunfähigkeit ein finanzielles Risiko
  4. Gesetzliche Erwerbsminderungsrente und private Berufsunfähigkeitsrente
  5. Die Höhe der BU-Rente kannst du selbst bestimmen
  6. Wird meine private Berufsunfähigkeitsversicherung auf meine Erwerbsminderungsrente angerechnet?
  7. Die BU-Rente wird auch dann ausgezahlt, wenn du einem anderen Job nachgehen könntest

Berufsunfähig oder erwerbsgemindert – worin liegt der Unterschied?

Laut Statistik werden 25 Prozent aller Berufstätigen einmal berufsunfähig. Berufsunfähig bedeutet aber nicht gleichzeitig erwerbsunfähig. In beiden Fällen steht den Betroffenen finanzielle Unterstützung zu. Eine Berufsunfähigkeit liegt dann vor, wenn du deinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kannst. Daneben gibt es die volle und die teilweise Erwerbsunfähigkeit. Voll erwerbsgemindert ist die Person, die in keinem Beruf mehr viel tätig sein kann. Also auch in keinem anderen Job, der einfache Tätigkeiten von maximal drei Arbeitsstunden pro Tag beinhaltet. Erst, wer als erwerbsgemindert eingestuft wird, kann die sogenannte Erwerbsminderungsrente vom Staat erhalten.

Teilweise Erwerbsminderung und volle Erwerbsminderung

Was zahlt der Staat bei einer Berufsunfähigkeit? Der Staat zahlt nur, wenn die betroffene Person erwerbsgemindert ist. Dabei gibt es einen Unterschied zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung.

Der Gesetzgeber schreibt zur teilweisen Erwerbsminderung Folgendes:

„(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente […], wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind, 

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeiten haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.“

Die volle Erwerbsminderung liegt laut Gesetz in folgenden Fällen vor:

„(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll erwerbsgemindert sind, 

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeiten gezahlt und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch

1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und

2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.“

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Das zahlt der Staat bei einer Berufsunfähigkeit

Wer berufsunfähig wird, erhält zunächst Unterstützung von den Arbeitgeber:innen und Krankenkassen. Bist du beispielsweise bis zu sechs Wochen krankgeschrieben, zahlt dir dein:e Arbeitgeber:in eine sogenannte Lohnfortzahlung, also dein volles Gehalt. Besteht eine Berufsunfähigkeit länger als sechs Wochen, zahlen die Krankenkassen Krankengeld und das bis zu etwa eineinhalb Jahre lang. Das Krankengeld deckt allerdings nicht das volle Gehalt ab, sondern meistens 70 Prozent des letzten Bruttoeinkommens und maximal 90 Prozent des letzten Nettoeinkommens. Was zahlt jetzt der Staat bei einer Berufsunfähigkeit, die länger als eineinhalb Jahre besteht? Die nüchterne Antwort: nichts. Erst wenn eine Erwerbsminderung vorliegt, hast du Anspruch auf eine staatliche Unterstützung durch die Rentenversicherung und kannst die sogenannte Erwerbsminderungsrente beantragen. Liegt keine Erwerbsminderung vor und können Betroffene trotzdem nicht in ihren alten Beruf zurückkehren, müssen sie eine andere Tätigkeit suchen. Konkret bedeutet das häufig trotzdem; weniger Einkommen und möglicherweise auch einen sozialen Abstieg. 

Deswegen ist Berufsunfähigkeit ein finanzielles Risiko

Berufsunfähigkeit kann jeden treffen, denn nicht nur körperliche, sondern auch psychische Erkrankungen können dazu führen, dass der eigentliche Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Dadurch entsteht für die Betroffenen ein hohes finanzielles Risiko. Denn bereits nach sechs Wochen (wenn die Lohnfortzahlung wegfällt), sind die Betroffenen finanziell nicht mehr ausreichend abgesichert. Dadurch kann häufig der bisherige Lebensstandard nicht mehr aufrechterhalten werden, besonders, wenn eine Familie auf das Einkommen der betroffenen Person angewiesen ist. In diesem Falle gleicht eine Berufsunfähigkeitsversicherung dieses Risiko aus und sorgt dafür, dass auch bei einer Berufsunfähigkeit weiterhin genügend Geld zur Verfügung steht, um allen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Info: Früher gab es eine staatliche Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese gilt heute nur für Menschen, die vor 1961 geboren und deren Anspruch vor dem 01.01.2001 lag.

Gesetzliche Erwerbsminderungsrente und private Berufsunfähigkeitsrente

Mit einer Erwerbsminderungsrente bekommst du circa die Hälfte deines letzten Nettoeinkommens. Für Betroffene, die voll erwerbsgemindert sind, entsteht trotz Erhalt der Erwerbsminderungsrente deshalb eine große finanzielle Lücke. Arbeitnehmer:innen können in diesem Fall nur durch eine private Versicherung ihren Lebensstandard weiterhin halten. Daher ist es durchaus sinnvoll, sich schon früh über die Möglichkeiten einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu informieren.

Die gesetzliche Erwerbsminderung greift nur in den oben genannten Fällen und deckt nicht die finanzielle Lücke, die beim Wegfall des Einkommens besteht. Mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind Arbeitnehmer:Innen in der Regel besser beraten. Hast du beispielsweise einen Unfall und kannst anschließend nicht mehr in deinem bisherigen Beruf arbeiten, erhältst du deine BU-Rente, auch, wenn du theoretisch einen anderen Job ausüben könntest. 

Hier erfährst du mehr zu Berechnung der Höhe der Erwerbsminderungsrente.

Die Höhe der BU-Rente kannst du selbst bestimmen

Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung handelt es sich um eine private Versicherung, daher kannst du die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente selbst beeinflussen. Bei der staatlichen Erwerbsminderungsrente ist dies nicht der Fall, da diese von deinem Einkommen abhängig ist. Wer höhere Beiträge in die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt, bekommt dementsprechend auch eine höhere Berufsunfähigkeitsrente ausgezahlt. Wenn du beispielsweise sehr jung eine BU abschließt, solltest du dich über die Möglichkeiten der Nachversicherung informieren. Als Student:in werden dein Einkommen und dein Lebensstandard vermutlich niedriger sein, als nach ein paar Jahren im Berufsleben. Damit dein neuer Lebensstil auch ausreichend abgesichert ist, solltest du auch deine BU-Rente anpassen. Durch die Nachversicherungsgarantie ermöglichen es dir Versicherungsgesellschaften, deine BU-Beiträge zu erhöhen, um anschließend von höheren Auszahlungen zu profitieren.

Wird meine private Berufsunfähigkeitsversicherung auf meine Erwerbsminderungsrente angerechnet?

Vorab: Die private BU wird nicht auf die Erwerbsminderungsrente angerechnet. Selbst wenn eine betroffene Person alle Voraussetzung für eine volle Erwerbsminderungsrente erfüllt und diese bezieht, erhält sie zusätzlich ihre BU-Rente, falls eine entsprechende Versicherung zuvor abgeschlossen wurde. Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung handelt es sich um eine private Vorsorge und keine staatliche Leistung, im Gegensatz zur Erwerbsminderungsrente. Daher werden beide Renten in voller Höhe des Anspruchs ausgezahlt. 

Wichtig zu wissen ist, dass für den Bezug der vollen Erwerbsminderungsrente ein Limit zum Hinzuverdienst von 6.300 Euro jährlich besteht. Verdient die Person, die Erwerbsminderungsrente erhält, mehr, wird der Betrag prozentual von der Rente abgezogen. Das ist allerdings nicht auf eine BU anwendbar, da diese nicht als Einkommen zählt. Wer also eine private BU abschließt, ist im Falle einer Erwerbsunfähigkeit besonders gut abgesichert, da beide Renten bezogen werden können.

Die BU-Rente wird auch dann ausgezahlt, wenn du einem anderen Job nachgehen könntest

Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine ideale Absicherung für die Zukunft, denn ein Viertel aller Arbeitenden werden einmal berufsunfähig. Im Gegensatz zur staatlichen Absicherung müssen für die Auszahlung der BU-Rente wesentlich weniger Voraussetzungen erfüllt werden. 

Die BU-Rente bekommst du, wenn du deinem Beruf nur noch zu 50 Prozent oder weniger nachgehen kannst, und das länger als sechs Monate. Dabei ist es egal, ob du aufgrund von körperlichen oder psychischen Erkrankungen berufsunfähig wirst. Du erhältst deine BU-Rente auch dann, wenn du theoretisch in einem anderen Job arbeiten könntest. Hier besteht der Unterschied zur Erwerbsminderungsrente, denn diese wird nicht ausgezahlt, wenn du beispielsweise als Lokführer:in berufsunfähig wirst, aber anschließend noch als Hausmeister:in arbeiten könntest.

Der Abschluss einer BU senkt dein finanzielles Risiko im Schadenfall und lässt darüber hinaus einen zeitlichen Spielraum, dich neu zu orientieren. Wenn du nämlich gar nicht mehr in deinen alten Beruf zurückkehren kannst, ist es möglich, über eine Umschulung einen neuen Beruf zu erlernen und in diesem zu arbeiten. Die finanziellen Einbußen, die in dieser Zeit bestehen würden, werden durch eine private BU ausgeglichen. 

Fazit: Wer sich bestmöglich absichern möchte, sollte eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, da der Staat nur in sehr konkreten Fällen die Erwerbsminderungsrente auszahlt und diese auch nur knapp die Hälfte des bisherigen Einkommens deckt.

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