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Burnout oder Angststörung? So erkennst du den Unterschied

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Die Anzahl der psychischen Erkrankungen ist im letzten Jahrzehnt rapide gestiegen. Laut AOK (2020) wurden im Jahr 2020 rund 180.000 Burnout-Erkrankte verzeichnet mit rund 4,5 Mio Krankheitstagen. Angststörungen dagegen kommen noch häufiger vor. Viele Fälle bleiben unerkannt oder nicht leitliniengerecht behandelt. Der geschätzte Wert liegt bei rund 15% der deutschen Gesamtbevölkerung. Nach wie vor herrscht bei vielen betroffenen Personen Ungewissheit über ihre Symptome. Ist es nur eine Angst vor der Arbeit oder schon ein Burnout? Die Antworten auf die häufigsten Fragen zu Burnout oder Angststörungen findest du in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

  1. Abgrenzung Burnout-Syndrom und Angststörung laut WHO
  2. Ursachen von Burnout und Angststörungen
  3. Wie unterscheidet sich die Therapie eines Burnouts von der Therapie einer Angststörung?
  4. FAQ: Häufige Fragen zum Thema Burnout und Angststörungen

Abgrenzung Burnout-Syndrom und Angststörung laut WHO

Definition Burnout-Syndrom

Das Burnout-Syndrom wurde erst 2019 als Diagnose in das ICD-Klassifikationssystem aufgenommen. Das heißt, erst seit kurzem kann Burnout auch als solches von Ärzten und Psychotherapeuten von anderen psychischen Erkrankungen abgegrenzt und spezifisch diagnostiziert werden. 

Laut den Leitlinien der WHO, denen die Ärzte folgen, wird Burnout im ICD-11 (2022) mit der Codierung QD85 anhand folgender Kriterien definiert:

  • Energielosigkeit und Erschöpfung
  • geistige Distanz, negative oder zynische Haltung zur eigenen Arbeit
  • Verringertes berufliches Leistungsvermögen

Viele Burnout Betroffene klagen über zahlreiche körperliche Beschwerden, wie z.B. Magen-Darm-Beschwerden, Schlafstörungen, veränderte Essgewohnheiten verbunden mit Gewichtszunahme- oder -abnahme, eine erhöhte Infektionsanfälligkeit, verstärktes Schwitzen oder Muskelschmerzen, Herzrasen, zitternde Hände, etc. Burnout äußert sich bei jeder Person sehr individuell. Nicht jedes Symptom trifft auf jede Person zu. Außerdem kommt es auf die Burnout-Phase an, in welcher sich die betroffene Person befindet.  

Definition: Angststörung

Dagegen gibt es natürlich nicht “die eine Angststörung”. Darunter fallen viele Unterformen, welche die WHO im ICD-11 (2022; Codierung: 6B0) aufgeführt hat. Zu den Angststörungen zählen:

  • Generalisierte Angststörung (F41.1)
  • Panikstörung (F41.0)
  • Agoraphobie (F40.0)
  • Spezifische Phobien (F40.2)
  • Soziale Angststörung (F40.1)
  • Trennungsangst (F93.0)
  • Selektiver Mutismus (F94.0)
  • Andere spezifische Angststörungen (F41.8)
  • Nicht näher bezeichnete Angststörungen (F41.9)

Eins haben jedoch alle Angststörungen gemeinsam – das Gefühl der Angst, Nervosität, Besorgnis oder Unsicherheit. Dieses Gefühl ist in einer Vielzahl psychiatrischer Störungen vorhanden, darunter auch bei einem Burnout. Zusätzlich zu den Angstsymptomen, klagen Betroffene häufig über körperliche Symptome, wie Kurzatmigkeit, ein beschleunigter Herzschlag, Schwindel, starkes Schwitzen oder Übelkeit. Diese körperlichen Symptome weisen auch viele Burnout-Patient:innen auf.

“Auch wenn jede Störung anders ist, können sie alle mit Leid und Funktionsstörungen einhergehen, die mit Stress und Angst zusammenhängen.”

MSD Manual, 2022

Angst ist eine normale, menschliche Reaktion auf eine Bedrohung oder psychischen Stress. Wenn diese Angst jedoch in einem unangebrachtem Maß und zu häufig auftritt sowie so intensiv und langanhaltend ist, dass Betroffene normalen Aktivitäten nicht mehr in vollem Maße nachgehen können, spricht man von einer Störung.

Ursachen von Burnout und Angststörungen

Ursachen von Burnout

Das Burnout-Syndrom kann jeden treffen, egal ob Lehrer:innen, Büroangestellte, BauarbeiterInnen oder Hochschulprofessor:innen. Selbst bei Menschen, die keinem Beruf nachgehen, können sich Burnout-Symptome zeigen. Besonders betroffen sind allerdings Berufe, in denen stets eine helfende Haltung erwartet wird, wie etwa in der Pflege, Heil- und Sozialpädagogik.

Die Ursachen von Burnout können so individuell sein wie die Betroffenen selbst. Ebenso unterschiedlich sind das Umfeld, in dem sie leben, sowie die Bedürfnisse und Ziele des jeweiligen Individuums. 

Personen, die ein erhöhtes Burnout-Risiko haben, sind Menschen, die häufig:

  1. Ein geringes Selbstbewusstsein haben und infolgedessen sehr empfindlich, eher angepasst und passiv sind oder
  2. Dynamisch, zielstrebig, ehrgeizig und mit viel Idealismus sowie Engagement an Ziele herangehen.

Beide beschriebenen Persönlichkeitstypen scheinen auf den ersten Blick sehr unterschiedlich, haben jedoch eines gemeinsam: nämlich Schwierigkeiten, ihre Gefühle auszudrücken sowie den Wunsch nach Anerkennung aus ihrem Umfeld.

Innere Risikofaktoren, die Burnout begünstigen sind:

  • Eine aufopfernde Haltung und die damit verbundene Abhängigkeit des Selbstwertes von der erfolgreichen Ausübung einer bestimmten Rolle
  • Unrealistische und sehr hoch gesteckte Ziele, die nur unter sehr starkem Energieeinsatz zu erreichen sind,
  • Ziele, die nicht an den eigenen Bedürfnissen orientiert sind, sondern den Erwartungen anderer entsprechen,
  • Schwierigkeiten, “Nein” zu sagen, entweder zu anderen oder zu sich selbst,
  • Eine hohe Erwartung an die Belohnung oder des Gewinns der Ziele,
  • Schwierigkeiten, persönliche Schwächen oder Hilflosigkeit einzugestehen,
  • Zweifel am Sinn des eigenen Handelns.

Die äußeren Risikofaktoren können ebenfalls sehr individuell sein. Viele Burnout-Prozesse beginnen jedoch, wenn sich die Lebenssituation des Betroffenen grundsätzlich ändert, z.B. im Berufseinstieg, Jobwechsel oder neuen Vorgesetzten. Umgekehrt kann aber auch ein Ausbleiben einer erhofften Veränderung zu Frustration und Burnout führen, z.B. wenn die ersehnte Beförderung an einen anderen Kollegen vergeben wurde.

Äußere Faktoren, die Burnout begünstigen können, sind u.a.:

  • Mangel an Kontrolle, Gerechtigkeit und Autonomie
  • Arbeitsüberlastung
  • Ungenügende Belohnungen
  • Konflikt zwischen den eigenen Werten und Überzeugungen und den Anforderungen
  • Fehlende soziale Unterstützung und Anerkennung im Privat- und Berufsleben
  • Ungelöste Konflikte mit Vorgesetzten oder Mitarbeitern
  • Bürokratische Hindernisse

Ursachen von Angststörungen

Angststörungen können ebenfalls unterschiedliche Ursachen haben. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es eine gewisse erbliche Komponente gibt, die bei der Entstehung von Angststörungen eine Rolle spielen könnte. Ebenso sind frühkindliche Erfahrungen relevant. Zusätzlich können traumatische Erfahrungen und das Vorhandensein anderer psychischer Erkrankungen, wie z.B. die ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung, die Entstehung einer Angststörung begünstigen.

Bei der ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung zeigen Betroffene eine andauernde Sehnsucht nach Zuneigung und Anerkennung und reagieren gleichzeitig hypersensibel auf Kritik und Ablehnung. Nicht selten sind ängstlich-vermeidende Persönlichkeiten bei ihren Mitmenschen sehr beliebt, denn sie sind allzeit bereit, eine hohe Aufopferungsbereitschaft im privaten sowie beruflichen Bereich zu zeigen. Die Hypersensibilität und das ausgeprägte Helfersyndrom erzeugen bei den Betroffenen starken Stress, weshalb das Burnout-Risiko sehr hoch ist.

Jedoch gibt es auch zahlreiche körperliche Erkrankungen, die Angststörungen auslösen können, wie z.B. Herzerkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, Schilddrüsenstörungen sowie Nervenkrankheiten im Gehirn.

Ganz gleich, ob die Ursachen der Angststörung organisch oder psychisch sind – Angsterkrankte haben i.d.R. ein überaktives Angstzentrum. Das Limbische System im Gehirn von Angstpatienten ist nachweislich stärker aktiv als bei Menschen ohne Angsterkrankungen. Dies wiederum geht mit einer erhöhten Reaktionsbereitschaft auf zahlreiche Reize, wie z.B. Stress, einher.

Schlussendlich lässt sich sagen, dass die Ursachen von Burnout-Syndrom und Angststörungen unterschiedlich sind und immer die individuelle Lebensgeschichte eines jeden Menschen betrachtet werden muss, um genauere Aussagen über die möglichen Ursachen treffen zu können.

Wie unterscheidet sich die Therapie eines Burnouts von der Therapie einer Angststörung?

Die Therapie von Burnout

Burnout bedarf, wie alle anderen psychischen Erkrankungen, einer möglichst schnellen Behandlung. Je später ein Burnout entdeckt wird, desto schlechter sind die Heilungschancen. Suche dir deshalb rechtzeitig Hilfe, wenn du den Verdacht auf Burnout hast.

Eine Burnout-Therapie orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen und Problemen des Patienten. Neben Stressprävention und psychotherapeutischen Angeboten können zusätzlich Medikamente eingenommen werden, vor allem, wenn zusätzlich depressive Symptome auftreten. Diese werden ggfs. von einem Psychiater verschrieben.

Häufig wird bei einer Burnout-Erkrankung die Verhaltenstherapie eingesetzt, welche sich als sehr wirksam für die Behandlung von Burnout erwies. Wichtig ist hierbei, dass sich der/die Betroffene auch eingesteht, dass ein Problem vorliegt. Dies ist die Grundvoraussetzung für den therapeutischen Erfolg. Fragen, die Betroffene häufig in ihren Sitzungen klären, sind u.a.:

  • Welche inneren Glaubenssätze erzeugen bzw. fördern mein Stressempfinden?
  • Wo und wann überschreite ich meine Grenzen?
  • Welche äußeren Stressoren gibt es in meinem Umfeld?
  • Welche äußeren Faktoren lassen sich ändern, welche nicht?

Durchaus hilfreich ist es außerdem für Burnout-Betroffene, sich im Rahmen von Selbsthilfegruppen oder Erfahrungsberichten mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Die Therapie von Angststörungen

Je nach Ausprägung der individuellen Symptomatik werden Angststörungen mit Psychotherapie und ggf. in Verbindung mit Medikamenten behandelt. Eine genaue Diagnose der jeweiligen Art der Angststörung ist wichtig, denn danach richtet sich die Art der Behandlung.

Wenn sich herausstellt, dass die Ursache der Angststörung körperlicher Natur ist, wird eher versucht, die Ursache zu beheben als die Angstsymptome zu behandeln. Sobald die körperlichen Symptome behandelt wurden oder das Medikament bzw. Suchtmittel lange genug abgesetzt wurde, werden auch die Angstsymptome abnehmen.

In der Regel wird die kognitive Verhaltenstherapie bei Angststörungen eingesetzt. In dieser Therapieform geht es darum, angstauslösende Verhaltensmuster, Gedankengänge und Gefühle zu identifizieren und zu verändern. In einer speziellen Methode – der Expositionstherapie – werden die Betroffenen unter Anwesenheit des/der Therapeuten/-in angeleitet, sich ihren Ängsten zu stellen und die Angst so lange auszuhalten, bis das Gefühl von alleine wieder abnimmt. So kann es z.B. vorkommen, dass PatientInnen zusammen mit dem/der Therapeuten/-in eine Fahrt mit dem Zug oder Auto machen, wenn eine jeweilige Phobie vor diesen Situationen vorliegt.

Häufige Medikamente, die bei Angststörungen verschrieben werden, sind Antidepressive und Benzodiazepine. Letztere sollten immer mit Bedacht und unter Aufsicht des zuständigen Psychiaters eingenommen werden, da Benzodiazepine bei längerer Einnahme zu Toleranz (d.h. Die Dosis muss erhöht werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen) und Abhängigkeit führen kann.

Betroffene vom Burnout-Syndrom und Angststörungen lernen in der Therapie, wie sie Stress- oder Angstsymptome vorbeugen bzw. frühzeitig erkennen können. Mit Hilfe des Therapeuten wird herausgearbeitet, welche individuellen stress- oder angsterzeugenden Gedanken und Handlungen der Patient zeigt, die dann wiederum den Kreislauf der Symptome der jeweiligen Erkrankung in Gang setzen. Den Stress- bzw. Angstkreislauf zu verstehen und genauer auf die mentale Gesundheit Acht zu geben, hilft Burnout- sowie Angstpatient:innen auch nach erfolgreicher Beendigung der Therapie, ihre psychische Gesundheit im Alltag aufrechtzuerhalten.

Wichtig zu wissen ist, dass alle Angststörungen mit anderen psychischen Erkrankungen einhergehen bzw. gleichzeitig auftreten können. Häufige Begleiterkrankungen sind u.a. Depressionen und Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit.

Burnout, sowie andere psychische Krankheiten, gehören zu den häufigsten Ursachen der Berufsunfähigkeit. Der Trend ist (leider) steigend. Aktuell wird jede:r vierte Arbeitnehmer in Deutschland während seiner beruflichen Laufbahn einmal berufsunfähig. Daher ist es wichtig, sich davor abzusichern. Die Berufsunfähigkeitsversicherung von Getsurance bietet dabei die Möglichkeit, auch psychische Krankheiten in den Versicherungsschutz zu integrieren.

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FAQ: Häufige Fragen zum Thema Burnout und Angststörungen

Kann man Burnout und Angststörungen gleichzeitig haben?

Ja, es ist durchaus möglich, dass Menschen mehr als eine psychische Störung aufweisen. Bei einem Burnout treten häufig Symptome auf, die auch bei Angststörungen oder einer Panikstörung auftreten, z.B. ein beschleunigter Herzschlag, eine flache Atmung, verstärktes Schwitzen oder körperliche Erschöpfung. Ob tatsächlich beide Erkrankungen vorliegen, muss immer von einem Psychotherapeuten oder Psychiater abgeklärt werden.

Was ist schlimmer: Burnout oder Angststörungen?

Es lässt sich nicht pauschal sagen, welche der beiden Erkrankungen schlimmer ist. Jeder Mensch empfindet die Symptome beider Störungen unterschiedlich und hat ein individuelles Schmerz- sowie Belastungsempfinden. Schlussendlich kann man aber sagen, dass beide Störungsarten vollständig heilbar sind, wenn alle wichtigen Voraussetzungen auf Seiten des Patienten und des Therapeuten erfüllt sind.

Wer ist häufiger von Burnout bzw. von Angststörungen betroffen?

Statistiken zur Häufigkeit von Burnout-Erkrankungen sind aktuell schwer zu finden, da sich die Krankheit erst seit 2019 als offizielle Diagnose etablieren konnte. Schätzungsweise geht man von einer Häufigkeit von 5-10% der Bevölkerung in Deutschland aus, die an Burnout erkranken – Tendenz steigend. 5,2% aller Frauen erleiden in ihrem Leben einen Burnout. Bei Männern sind es laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nur 3,3%. Bei Burnout weisen Frauen durchgehend höhere Fehlzeiten als Männer auf (BKK Gesundheitsreport, 2019). Es wird davon ausgegangen, dass Angststörungen noch häufiger in der Bevölkerung auftreten als Burnout. Laut Stiftung Gesundheitswesen sind es ca. 15% der Menschen in Deutschland, die eine Angststörung haben. Frauen sind hiervon ebenfalls häufiger betroffen als Männer.

Dabei sollte noch erwähnt werden, dass Frauen weitaus häufiger psychische Probleme thematisieren und sich früher professionelle Hilfe suchen, was wiederum dazu führt, dass Frauen häufiger mit Burnout diagnostiziert werden. 

Zu welchem Arzt sollte ich gehen, wenn ich viele Ängste habe?

Wie bei allen psychischen Erkrankungen sollte der erste Weg zum jeweiligen Hausarzt:ärztin gehen, welche:r dann wiederum eine Überweisung für eine Psychotherapie ausstellen kann. Der oder die Betroffene kann im Anschluss frei wählen, zu welchem Psychotherapeuten:in er oder sie gehen möchte. Um schneller mit der Therapie zu starten, können Betroffene sich alternativ direkt an eine/n private:n Psychotherapeut:in wenden. Bei dieser Alternative kann man i.d.R. innerhalb weniger Wochen mit der Therapie starten, auch ohne ärztliche Überweisung bzw. Diagnose.

Lies in diesem Artikel, Was kann ich dem Arzt sagen? wenn du Burnout-Symptome spürst.

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