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Erfahrungsbericht: Das Burnout-Risiko in meinem Beruf war mir bekannt – trotzdem hat es mich erwischt.

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Bevor Franziska* (40 Jahre) durch den Burnout in die Auszeit gezwungen wurde, war sie als selbständige Kundenberaterin im Außendienst tätig. Ihr war stets bewusst, dass in ihrem Berufszweig viel Leistungsdruck, Wettbewerb und Unsicherheit herrschen. Da sie aber eine sehr ehrgeizige und ambitionierte Person ist, stellte sie sich den Herausforderungen des Jobs. Zudem hatte sie in ihrem Privatleben als alleinerziehende Mutter von einer 13-jährigen Tochter auch alle Hände voll zu tun. Dabei blieb ihr wenig Zeit, um sich um ihre eigenen Bedürfnisse zu kümmern.

Franziska hat uns im Interview von ihrem Weg in und aus dem Burnout erzählt.

Inhaltsverzeichnis

  1. Der Burnout zeigte sich letztlich durch eine Panikattacke
  2. Bis zum Zusammenbruch verging einige Zeit
  3. Bis zum Therapieplatz brauchte es einige Anläufe
  4. Die Behandlung mit Therapie und Reha
  5. Beruflicher Neustart nach dem Burnout

Der Burnout zeigte sich letztlich durch eine Panikattacke

„Ich saß im Auto auf dem Weg ins Büro und konnte einfach nicht mehr aufstehen. Es fühlte sich an wie ein Herzinfarkt”, beschreibt sie die damalige Situation. Im Nachhinein hat sie erkannt: „Ich bin über meine eigenen Bedürfnisse hinweg gegangen, habe meine Grenzen und Bedürfnisse nicht wahrgenommen, dass früher ein Stopp hätte kommen müssen. Konnte den Tag nicht mal telefonieren.”

Daraufhin passierte erstmal eine ganze Weile gar nichts. Franziska konnte nicht mehr. Sie wurde vom Arzt krank geschrieben.

Bis zum Zusammenbruch verging einige Zeit

Der Weg bis in die Panikattacke im Auto verlief nicht von heute auf morgen, sondern es dauerte eine ganze Weile, bis der Punkt erreicht war. Franziska war sich bewusst, dass sie das Job Pensum auf lange Zeit nicht mehr halten möchte. Sie erwog einen Jobwechsel. Bereits vor zwei Jahren überlegte sie hin und her. Doch das Unternehmen, für das sie tätig war, unterbreitete ihr ein neues Angebot sowie die Aussicht auf eine Fortbildung mit neuer Position. Daher blieb sie und biss sich weiterhin durch. Dann kam die Corona-Pandemie. Die persönlichen Kundenbeziehungen ließen sich immer schlechter aufrechterhalten – und es wurde immer schwieriger, Kunden zum Kauf zu überzeugen. Ihr Job als Außendienst-Kundenberaterin war nur noch unter schwierigen Umständen durchzuführen.

Ich habe mich immer durchgebissen, habe weitergemacht. Nach dem Motto: es geht schon irgendwie.

berichtet Franziska, 40 Jahre im Interview über ihre Burnout-Erfahrung

Sie wechselte zu einer anderen Agentur ihres Arbeitgebers, um ihre Verkaufsziele halten zu können. Das führte jedoch zu noch mehr Stress durch einen längeren täglichen Fahrtweg, spätere Arbeitszeiten sowie das fehlende Vertrauensverhältnis bei den Kunden, da sie neu war. Franziska verglich sich mit den Kolleg:innen und versuchte, ihre Zahlen zu halten. Dann kam die Absage, dass die Fortbildung nicht stattfinden wird und die damit verbundene neue Position gestrichen würde. Nebenbei sorgte sie für ihre 13-jährige Tochter zu Hause. Sie hatte sich vorgenommen, trotz aller Hürden ihren bisherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. 

Zwei Wochen nach der Absage der Fortbildung kam es zum besagten Zusammenbruch im Auto. Es war der sogenannte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Bis zum Therapieplatz brauchte es einige Anläufe

Die ersten Wochen ihrer Krankschreibung beschreibt Franziska so: „Ich war so neben mir, dass ich lange Zeit gar nichts konnte.” Es dauerte dann zwei bis drei Monate und diverse Telefonate, bis sie einen Therapieplatz fand. 

Kassenärztliche Therapieplätze sind in Deutschland stark nachgefragt. Die Corona-Pandemie hat den bestehenden Mangel noch verstärkt, da die Nachfrage nach psychologischer Betreuung immer weiter ansteigt. Im Durchschnitt müssen Patient:innen sechs Monate auf einen Kassen-Therapieplatz warten. (Quelle: BPTK, 2021).

Mehr Informationen zu Therapieformen bei Burnout bekommst du in diesem Artikel.

Die Behandlung mit Therapie und Reha

Dort ging sie zu insgesamt sieben Sitzungen bei einer ambulanten Therapie. Franziska berichtet, dass es in der Behandlung dann um die Frage ging: Wie setze ich Grenzen und höre auf meine Bedürfnisse? Sie sollte sich mit sich selbst auseinandersetzen und Fragen beantworten, warum sie nicht abschalten kann und woher der Leistungsdruck komme. Die sieben Sitzungen wurden von ihrer Krankenkasse bezahlt.

Zusätzlich bezahlte die Krankenkasse einen Onlinekurs zum Thema Burnout. „Der hat mir sehr geholfen,” erzählt Franziska. Zusätzlich bezahlte die Krankenkasse einen Onlinekurs zum Thema Burnout. „Der hat mir sehr geholfen,” erzählt Franziska. „Schade, dass dieser Kurs nicht besser kommuniziert wird. Davon wusste kein Arzt.”

Außerdem ging sie noch in die Reha für drei Wochen. „Entspannen lernen ist wichtig. Loslassen vom Leistungsdruck.” In der Reha macht sie eine Atem- und eine Kunsttherapie. „Ich hätte nie gedacht, dass das etwas für mich sein könnte., berichtet Franziska. Sie lernt, welche Dinge ihr Kraft geben und sie stärken. Die Gruppen- und Gesprächstherapien geben ihr das Gefühl, nicht allein zu sein und bestärken sie darin, dass alles gut ist.

Entspannen lernen ist wichtig. Loslassen vom Leistungsdruck.

Franziska, 40 Jahre, Burnout-Patientin

Vor der Krankschreibung hat sie sich große Sorgen um ihre finanzielle Situation gemacht und wie sie über die Runden kommen sollte, da ihr Einkommen sehr vom Erfolgsdruck abhängig war. Das Krankengeld ihrer Krankenkasse brachte ihr während des Burnouts die nötige Stabilität, damit sie Zeit hatte, wieder auf die Beine zu kommen.

Wirst du als angestellte:r Arbeitnehmer:in vom Arzt krankgeschrieben, so erhältst du für die ersten sechs Wochen eine Lohnfortzahlung. Sollte deine Krankschreibung länger als diese sechs Wochen dauern, dann greift das Krankengeld. Dieses wird von der Krankenkasse für eine Dauer von 72 Wochen bezahlt.  Das Krankengeld beträgt maximal 90 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens.

Beruflicher Neustart nach dem Burnout

Franziska möchte auf jeden Fall nicht zu ihrem alten Job zurückkehren. Was sie stattdessen machen möchte, weiß sie noch nicht. Doch in einem Punkt ist sie sich 100% sicher: weniger Leistungsdruck soll der Job ausüben. Sie habe gelernt, dass sie in ihrem alten Job häufig gegen ihre inneren Werte arbeiten musste. Das habe ihr auf lange Sicht nicht gut getan.

*Name wurde redaktionell geändert


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